10.3.19: Esslingen – Merkel’sches Schwimmbad

Schon der Weg zu diesem Schwimmbad ist schön: Der Bus 131 fährt uns ab der U-Bahn Haltestelle Ruit (hier tanzten früher einmal märchenhaft die Schuhe im Untergrund, bis Vandalen die Glaskästen zerstörten) hinunter nach Esslingen und bietet linkerhand eine großartige Aussicht auf das Neckartal. Wir steigen an der Haltestelle Maille aus, schwäbisch “Mallje” ausgesprochen – Hinweis auf das ehemals hier gespielte Paille-Maille, ein Vorläufer des Krockets. Vorbei geht es am Kommunalen Kino entlang eines Neckarkanals und über ein Wehr zum EcoInn, dem einzigen Biohotel weit und breit, bis meine Tochter Lenja und ich schließlich die Mühlstraße 6 erreichen.

Das Merkelsche Bad besteht aus zwei Teilen: einem 60er Jahre Retro-Sportbad mit Saunalandschaft – und einem wunderschönen Jugendstilbad:

Hier grüßen Bleiglasfenster und in Stein gehauene Frösche im wechselnden Farbenspiel mit Massagestrahl und Unterwassermusik nebst einem Römisch-Irischen Dampfbad mit Kaltwasserbecken, Sole-Inhalationsraum und (nach Anmeldung) der Möglichkeit, eine orientalische Hamam-Massage bei Ali Nakbi zu genießen. All dies hat sich der Stifter und Bauherr, Geheimer Kommerzienrat Oscar Merkel, ausgedacht, eröffnet wurde 1907. Wie immer buchen Lenja und ich nur den Eintritt ins Jugendstil-Mineral-Thermal- und Dampfbad – Sportbad und Saunalandschaft lassen wir aus. Ein 2,5stündiges Märchen erwartet uns, geschmälert nur durch die vielen Kleinkinder, mit denen wir das Vergnügen teilen – Sonntag Nachmittag ist definitiv nicht ideal zum Bahnenschwimmen. Der Entspannung im Dampfbad tut der Termin hingegen keinen Abbruch, hierhin folgen uns die Schwimmflügel-Träger nicht.

Blick auf Kaltwasserbecken und Teeraum

Eintritt: 7€ für Erwachsene, 4,50€ für Kinder. Von früher her weiß ich es noch: Sehr empfehlenswert ist auch die Massage durch Ali (mit anschließendem Teetrinken), sie reicht von “Hamam-Morgane” für 20€ bis “1001 Nacht” für 90€. Anmeldung unter: https://www.swe.de/de/Baeder/merkelsches-schwimmbad/Wellness-Angebote/Hamam-Massage-Ali-Nakbi.html

8.3.2019: Stuttgart – Flanieren am Weltfrauentag

Blick von der Markthalle aufs Alte Schloss, (c) Barbara Pfeifer 2019

Am Schlossplatz spuckt mich die U-Bahn aus. Quer über den Platz laufe ich durch den köstlichen Torbogen (er beherbergt den Eingang zum besten Schokoladengeschäft Stuttgarts!) auf den romantischen Schillerplatz.

Musikalische Mittagspause: Während im hochmalerischen spätgotischen Fruchtkasten 2 Frauen 9 Männer interpretieren, am Doppelflügel und mit Gesang, von Händel bis Cláudio Santoro, träumen die Instrumente in den oberen Etagen weiter. Diana Ochoa de Spínola und Sabine Layer hatten vergessen, dass heute Frautentag ist, sonst hätte sich vielleicht eine Clara Schumann zwischen die Herren geschmuggelt, wer weiß? Aber auch so ist die halbstündige, allfreitägliche “Musikpause” im Stuttgarter Musikinstrumentenmuseum (Start jeweils um 12.30 Uhr) schön und ungewöhnlich. Im Anschluss schlendere ich durch die Sammlung, spiele alles, was ich benutzen darf und bewundere den Rest, Summtopf, Kuhglockenklavier und solch unerhörte Dinge wie Flaschophon und Regenbogen-Regenschirm-Geige. Ja, und dann höre ich noch David Bowie’s “Space Oddity”, bei der er ein Stylophone benutzt. Bisher wusste ich noch nicht einmal, dass es so etwas gibt.

Ich flaniere weiter. Ein schmales Gässle zwischen Fruchtkasten und Stiftskirche. Rechts ein brutaler Neubau, aber verglast, und die Kirche spiegelt sich darin. Eines der ersten Dinge, die mir 1997 meine Vorgängerin im Verlag zeigte, um mich zum Bleiben in Stuttgart zu bewegen…

Blick von der Markthalle auf die Stiftskirche, (c) Barbara Pfeifer 2019

Ein Seitengässchen mit japanischen Comics an den Wänden. Daneben ein Juwelier mit ungewöhnlichen Kaminuhren im Schaufenster. Bei einer rollt eine kleine Metallkugel auf einer Platte im Zickzack von links nach rechts. Als sie außen angekommen ist, kippt die Platte, und die Kugel bewegt sich im nämlichen Zickzack zurück. So etwas kostet mehr als zehntausend Euro.

Nach einer Stippvisite in der Kirche schlendere ich zur Markthalle, Jugendstil, und gewiss eine der schönsten Markthallen Deutschlands (laut der Zeitschrift stern sogar die allerschönste). Alles was es hier gibt, befindet sich im eher gehobenen Preissegment, gefüllte Datteln in einem Dutzend Variationen, Jackfrucht, Pralinen, Blumen, Restaurants, und im Ober- und Untergeschoss Kleinmöbel, Seifen, Schmuck, Bücher. 1001 Nacht auf schwäbisch. Bio bei alledem leider nur in homöopathischen Spuren, und so schwelge ich in Träumen, Paradiesesbildern und Düften und kaufe – nichts. Aber ein Buch fällt mir ins Auge: Lauren Elkins “Flaneuse”. Frauen erobern sich flanierend die Städte. George Sand trug dazu im Paris des 19. Jahrhunderts Männerkleidung und einen Männernamen. Wie passend zu meinem heutigen Tag.

Doch jetzt mäandere ich nicht weiter, denn ich entdecke, dass es schon deutlich später ist als verabredet. Also geht es schnurstracks durch Dorotheenviertel und den Appendix der Bohnenvierteler Rosenstraße zum tristen Charlottenplatz, wo mich die U-Bahn wieder in ihre Arme schließt.