Über die norwegisch-jüdische Sängerin Bente Kahan bin ich auf ein sehr berührendes jiddisches Lied des Komponisten Alexander Olshanetsky gestoßen (gestorben 1946 in New York), zu dem Bella Meisell (1902-1991) den Text geschrieben hat. Stellen Sie sich die folgenden Verse im Walzertakt vor (ich habe die Schreibweise dem Deutschen etwas angeglichen):
Ich stey atsind und tracht, wos far a starke Macht
der Schicksal hot oyf jedn Menschn.
Ot macht er sich a Spas, ot wert er bald in kas,
er ken dich strofn un oych bentschn.
Wenn z’iz on mir gewen, wenn ich volt nor gekennt
dayn modnem Schicksal do fartretn
wollt ich dich jetzt befrayt, dayn Lebn auch benayt
un far dein Glick wollt ich gebetn
Glik, du bist gekommen zu mir, ober a bissel zu speyt
Glik, du host genommen un farschaft mein Herz azoy viel Freid
Ich will jetzt gor nicht klern, wos der Morgn wet brengen far mir
azoy lang ich hob chotch eyn Moment,
dos Glik jetzt in mayne Hent, und ich tanz den letzten Tanz mit dir.
Da mir die Übersetzung im Internet nicht gefällt, hier meine eigene:
Ich stehe jetzt und denk, was für ne starke Macht
das Schicksal hat auf jedn Menschn.
Mal macht es sich nen Spaß, bald ist es wütend,
es kann dich strafen und auch segnen.
Wenn’s mir gegeben wär, wenn ich gwollt, gkonnt,
dein seltsam Schicksal zu vertreten,
wollt ich dich jetzt befrein, dein Leben auch erneuern,
und für dein Glück hätt ich gebeten.
Glück, du bist gekommen zu mir, aber ein bisschen zu spät,
Glück, du hast genommen und verschafft meinem Herzen also viel Freud.
Ich will jetzt gar nicht klärn, was der Morgen wird bringen für mich,
also so lang ich hab jetzt nen Moment,
das Glück jetzt in meinen Händ’, und ich tanz den letzten Tanz mit dir.
Was ist dem noch hinzuzufügen?
Bente Kahan: Home – Jewish Songs. (c) Verlag “pläne” GmbH, Dortmund 2000