Löblich Deli & Café, Hasenheide 49, Berlin
“Die Schönheit der Dinge liegt in der Seele dessen, der sie betrachtet.” (David Hume)
…sagt ein Spruch im Zimmer meiner Schwester Gaby. Wegen eines Heilpraktiker-Wochenendseminars bin ich zu ihr nach Berlin gefahren. Sie wird nur bis Samstag früh hier sein, um dann ihrerseits zu einem Anthroposophie-Seminar gen Langeoog aufzubrechen, während ich ihre Wohnung einhüte.
Prompt zu Beginn ihres Urlaubs hat sie sich wieder massiv erkältet. Deshalb beschließen wir, heute kein Sightseeing zu machen, sondern lediglich im Viertel einkaufen zu gehen und den Tag erholsam zu gestalten. Sie will noch einige Kleinigkeiten erledigen, und außerdem suchen wir nach einer Duftlampe für die ganzen ätherischen Öle, die ich ihr in den letzten Jahren geschenkt habe. Nun, wir finden kein Exemplar, das ihr gefällt und gleichzeitig billig ist, dafür aber in einem Indienladen drei Kopftücher für mich und im chapati wunderschöne grüne Pulswärmer mit hellgrüner Spitze aus Bio-Baumwolle (www.chapati.de). Das Logo ist eine aufgehende orange Sonne, und darunter sitzen scherenschnittartig zwei Katzen in einem Vogelnest. “Lächeln als Zeichen des Wiedererkennens” wirbt der Laden für sich: “Das Leben ist ein Ornament aus Menschen aller Farben, aller Sprachen, Bilder und Gesänge. Chapati webt einen Stoff, in dem Du Frieden träumst, ihn anlegst wie ein Gewand, ihn weiterreichst mit dem Lächeln des Wiedererkennens am Anderen, am Fremden, der Freund wird.” Nun mag zwar dahingestellt sein, ob ein Stoff dazu anregt, von Frieden zu träumen, aber maximal inklusiv ist der Werbetext auf jeden Fall.
Ein Lächeln oder etwas Kleingeld oder etwas zu essen, darum hatte in der U-Bahn auch ein junger Obdachloser gebeten. Erst wollte ich ihm nur ein Lächeln schenken, aber dann kam doch ein Euro dazu, und er schenkte mir ein Lächeln zurück, und ich bedankte mich…
Abschließend gehen wir noch ins Café Löblich (siehe Foto, www.loeblich-berlin.de), wo man trotz des Verkehrslärms schön draußen sitzen kann und es viele Sorten veganen Kuchens gibt. Ich entscheide mich für einen Schokobrownie mit Marmelade und Zucchini (sehr gut), einen doppelten Espresso (nicht heiß genug) mit Wasser und nehme mir für den Weg noch das absolute kulinarische Highlight des Tages mit: eigentlich ein handgemachtes Wassereis am Stiel, Marke Paletas, aber was für eins! Salatgurke-Zitrone, und es sind tatsächlich Gurkenscheinben drin, und es schmeckt wie Berliner Gurkensalat, nur einen Tick süßer. Fantastisch! (https://www.paletas-berlin.com/)
Insgesamt schenkt mir das Löblich eine noch bessere Erfahrung als das vegetarisch-vegane Restaurant Seerose am Südstern, halb SB, wo das vegane Essen zwar interessant gewürzt, aber leider in der Mikrowelle aufgewärmt und nur lauwarm ist.
Den Nachmittag und Abend verbringen Gaby und ich mit dem Glücksspiel Kniffel, von dem wir schon vor Jahrzehnten eine Familienversion entwickelt haben, die etwas mehr strategisches Denken und Planen erfordert als die im Geschäft erhältliche. Glücksspiele machen bekanntlich nur glücklich, wenn es wie bei uns nicht um Geld geht, und so gelingt mir diesmal ein glücklich machender Sechs-Spalten-Ausnahmekniffel-des-Jahrzehnts mit nicht einem einzigen Strich (und auch Gaby ist nicht wesentlich schlechter)! Dazu hören wir eine CD des Widerständlers Mikis Theodorakis.
Essen koche ich, denn Gaby steht nicht gern am Herd: Nudeln mit einer selbst kreierten Gemüse-Tofu-Tomatensauce. Das Problem mit “Arm aber Bio” für Gaby ist, dass es mit Feriggerichten nicht funktioniert – die sind einfach zu teuer. Mein Problem ist hingegen die Neugier auf noch nicht ausprobierte vegane (Bio-)Restaurants, was im Hartz-IV-Satz ebenfalls nicht vorgesehen ist (und die Arbeitslosen vom sozialen Leben ausschließt und in die Arme der AfD treibt).
Vor dem Schlafengehen starte ich im Bett noch ein Buch von Gaby, Alice Munros Zu viel Glück (Too much happiness), aber davon ein andermal.