Elfenwiese, Rumpelstilzchen und Hexenkraut in Glücksburg (D)

An den Ochseninseln vorbei über die Flensburger Förde

Mit der M/S Viking schippern wir von Flensburg über die Förde nach Glücksburg. Es herrscht schönstes Augustwetter, ohne ein Wölkchen am Himmel. Dazu gibt es Schauergeschichten. Via Lautsprecher erfahren wir im launigen Ton, wo der Galgen stand, wie Margrethe I. zu Tode kam und von den 14 Hexen, die in Flensburg ermordet wurden – von Johann Brade (vor 1548) bis Catharina Jensen (im Jahre 1620). Aber das trübt 2022 die Stimmung der Mitreisenden nicht.

heute back ich, morgen brau ich
Rumpelstilzchen im Wald

Vom Schiffsanleger in Glücksburger Ortsteil Sandwig heisst es erst einmal, Richtung Innenstadt laufen, knapp 2 km durch den Wald! Immer wieder stoßen wir dabei auf Kunstwerke, darunter Hartmut Mahlers “Rumpelstilzchen” – offenbar hat ihn ein Stück Holz an den Zwerg erinnert.

 
café am schloss
Glücksburg – Café am Schloss (beim Rosarium)

Im Zentrum besuchen wir zunächst einmal das Café am Schloss aus dem Jahre 1833 (direkt neben dem äußerst sehenswerten Rosarium gelegen) und gönnen uns im rauchfreien (!), romantischen Garten ausnahmsweise etwas Unveganes. Wir bereuen es nicht. Mein Käsefrühstück (gibt’s bis 12 Uhr) ist extrem lecker und besteht aus:

FEINE AUSWAHL AN BLÜTENKÄSE, ALLGÄUER BERGKÄSE MIT
MANGOCHUTNEY, FEIGENKARREE, SAHNIGER FRISCHKÄSE
MIT HAUSGEMACHTEM PESTO, WEIDEBUTTER,
ERDBEERMARMELADE, DAZU ALLERLEI SCHMACKHAFTE DEKO,
EIN KORB MIT OFENFRISCHEN BRÖTCHEN UND
SCHWARZBROT.

Dazu trinke ich einen Earl Grey namens “Watt denn hier los”. Er stammt von der Hamburger Teemanufaktur Samova und ist sogar Bio! Einzig der Espresso schmeckt mir zu bitter. Aber ansonsten: Ich komme auf jeden Fall wieder!

dolmenpfad und elfenwiese
Grab 4 des Dolmenpfads

Dann laufen wir weiter zum Staatsforst Friedeholz im Norden dieser nördlichsten Stadt Deutschlands (Alternative: Bus Linie 21, Haltestelle Schwennaustraße). Was hier beginnt, ist ein wahrer Zauberwald, mit Wildschweingehege und dem 4,6 km langen Dolmenpfad, der vorbeiführt an mehr als zehn Grosssteingräbern der Jungsteinzeit und bronzezeitlichen Grabhügeln. Wer wurde hier im Buchenwald bestattet? Die Schaman*innen des Ortes, die vielleicht auch gleichzeitig weltliche Führer*innen waren? An Grab Nr. 4 sehe ich eine kleine Frau im langen, weißlichen Wollgewand vor mir, die zusammen mit den anderen Leuten des Dorfes ihre Vorgängerin beerdigt.

Die Elfenwiese

Rund um die geheimnisvolle Elfenwiese führt dieser Dolmenpfad. Schwarzbackige Grasfrösche, winzig kleine und große, hüpfen über unseren Weg. Der Elfentanzplatz ist ein 3,5 ha großes Hochmoor, das zwar inzwischen trockener wird (immer mehr Birken wachsen dort), aber nach wie vor nur von leichtgewichtigen Elfen und Feen überquert werden kann. Wir setzen uns auf eine Bank am Rande und beobachten eine große Königslibelle. Morgens, wenn die Nebel vom Wasser aufsteigen, vermeinen Einheimische hier in Schleier gehüllte Wesen tanzen zu sehen, und die abgestorbenen Bäume tun ihr Übriges. Aber es ist früher Nachmittag, und so genießen wir einfach den Wald, die Aussicht und die Stille. Binsengras wächst hier und ganz in der Nähe auch Wollgras.

Das unscheinbare Hexenkraut

Wie es sich für einen echten Zauberwald gehört, gibt es überall blutstillendes Hexenkraut (Circaea lutetiana) mit seinen kleinen weißen Blüten. In früheren Jahrhunderten war es so selten, dass frau es nur fand, wenn sie sich hoffnungslos verirrt hatte. Dann aber konnte sie es für Liebeszauber verwenden und zum Schutz des Viehs, sofern ihr der Weg nach Hause doch noch glückte. Schon ein Blütlein täglich genügte den Frauen, um sich für das andere Geschlecht attraktiver zu machen.

 

Ein wunderbar kühler, feuchter Kraftplatz ist dieser Wald an einem heißen Sommertag wie diesem – hoffentlich kann ich ihn bald wieder besuchen!

ANSCHRIFTEN:

 

Sommerfest in Haithabu (Busdorf, D)

Haithabu: Reetdachhäuser

Ich stelle mir vor, ich lebe im frühen 9. Jahrhundert, vor der Christianisierung, in Haithabu. Meine Stadt gehört heute zum UNESCO-Welterbe, aber das weiß ich natürlich nicht. Sie ist ein wichtiger Handelsplatz, denn bis Haithabu fahren die Schiffer von der Ostsee. Hier laden sie ihre Waren auf Karren um und transportieren sie am Danewerk entlang bis zur Treene. Von dort aus gibt es dann wieder Schiffe bis zur Nordsee.

Haithabu: Landungssteg mit Boot aus der Wikingerzeit

Ich bin früh aufgewacht, alle schlafen noch – auch mein Mann, der Schmied Bertram, benannt nach den beiden Raben Odins. Auf dem Steg genieße ich die Aussicht über die hier sehr breite Schlei, traumhaft schön! Aber es stinkt, denn wir werfen unsere Schlacht- und auch viele andere Abfälle hinein. Die Rauchschwalben fliegen tief, später wird es regnen.

Flussaufwärts sammle ich in einem Weidenkorb Mädesüß, Dost und Königskerze, denn ich bin die Heilerin der Stadt. Aus einer Quelle schöpfe ich Wasser in meinen Bottich.

Dann kehre ich zurück in unser dunkles, reetgedecktes Haus. Das einzige Licht fällt von oben herein, durch den Rauchabzug direkt über der Feuerstelle. Ich entfache das Feuer und hänge einen Eisentopf darüber (Bertram hat ihn geschmiedet!). Dann schütte ich das Quellwasser und Gerstengrütze hinein, dazu etwas kostbares Salz. Während die Grütze langsam gart, gehe ich wieder hinaus und hänge die Heilpflanzen an geflochtenen Bastfäden zum Trocknen unter das Dach.

Mein Mann, der nicht-wikinger

Ich liebe meinen Mann, denn er ist als Jüngling nie auf “Wiking”, also auf Raubzug, gefahren. Die anderen belächeln ihn zwar deshalb, aber als Schmied fürchten sie ihn auch, denn obwohl er nie Schwerter, sondern nur Beile, Messer und Speerspitzen zum Jagen fertigt, steht er doch mit dem Odin, dem Gott der Zauberer, im Bunde.

sommerfest in haithabu

Die Schwerter, die ein Händler gestern aus dem Rheinland weit im Süden mitgebracht hat, sind von ausgezeichneter Qualität und deshalb von den jungen Männern heiß begehrt. Zu Ehren des Händlers haben wir gestern ein großes Sommerfest gefeiert. Der Met floss in Strömen, ein Schaf wurde geschlachtet. Dort drüben ist seine Haut aufgespannt. Ich habe auf meiner Knochenflöte gespielt, wir haben gesungen und getanzt. Ein schönes Fest!

Jetzt schlafen noch viele ihren Rausch aus, aber am Nachmittag werden sie gewiss Schaukämpfe mit ihren neuen Schwertern veranstalten. Dann werde ich in den Wald gehen und Engelwurz suchen. Und mein Mann wird aus seiner Schmiede nicht hervorkommen, denn unser Nachbar braucht viele Nägel, um eine Truhe damit zu beschlagen.

und heute?

Auch heute gibt es noch viele Feste und Veranstaltungen in Haithabu – also nichts wie hin zu diesem Glücksort! Die nächsten sind:

  • Sommermarkt in Haithabu, 14.-17.7.2022. Handel und Handwerk wie vor 1000 Jahren.
  • Tuche für Pumphose und Tunika, 18.7.-11.8.2022. Die Tuchhändlerin zeigt ihr Sortiment.
  • Der Taschenmacher ist in der Stadt, 18.-19.7.2022
  • Vom Korn zum Brot, 18.7.2022. Mahlen, kneten, backen.

Anschrift:
Wikinger Museum Haithabu, Haddebyer Chaussee B76, 24866 Busdorf (bei Schleswig), https://haithabu.de/

 

Glücksort Schloss Gottorf (Schleswig, D)

Barocke Südfassade des Schlosses Gottorf
Barocke Südfassade des Schlosses Gottorf

Nie hätte ich mir träumen lassen, dass es in einer Kleinstadt wie Schleswig solch ein riesiges Schloss gibt. Hier residierten lange nach den Wikingern einst Herzöge und Könige. Nun ist Gottorf eine Museumsinsel für’s Glück, deren Größe jedoch erahnen lässt, wieviel Schweiß und Blut dieser Bau die Untertanen gekostet hat. 

Das Wort Museumsinsel lässt mich natürlich an die Berliner Museumsinsel denken. Aber wenn es dort um internationale Kunst und Kultur geht, so hier eher um norddeutsch-dänische.

Wir betreten das Gelände von der Ostseite her über eine romantische weiße Holzbrücke und konzentrieren uns – die Zeit ist knapp und meine Freundin nicht gut zu Fuß – auf die Jugendstilsammlung im ersten Stock des Südflügels sowie die Galerie der Klassischen Moderne in einem der Nebengebäude. Einige Skulpturen gibt es im Außengelände gratis mit dazu.

Karl Hartung: Stehende Figur 1956/57

Und so sehe ich nun zum ersten Mal in meinem Leben Werke der in Dänemark sehr berühmten Skagen-Maler Anna und Michael Ancher live – sie waren sogar schon Thema in der Sprachschule. Dazu einige kolonialistisch-nationalsozialistischer Künstler, aber auch viele, die damals als entartet diffamiert wurden: Ernst Ludwig Kirchner gefällt mir, auch Max Pechstein (besonders das Bild “Der Tanz” aus dem Jahre 1912), Max Beckmann oder Oskar Kokoschka. Am meisten aber beeindrucken mich die Schwarz-Weiß-Blätter von Käthe Kollwitz zum Thema Bauernkrieg (wie z. B. “Die Gefangenen”) und ihre Selbstportraits. Meine Freundin hingegen liebt vor allem den fliegenden Engel Barlachs (“Der Schwebende”).

Wie viel werden wir an diesem Vormittag von dem unendlich großen Gelände gesehen haben? Ein Zwanzigstel? Wir kommen wieder!

Mittagstisch

Aber es ist Mittagszeit, und so besuchen wir das indische Restaurant Puri Puri, das fußläufig zu erreichen ist – mit einem großen Angebot an veganen und vegetarischen Gerichten in guter Qualität. Ich entscheide mich für frische Okraschoten mit Basmatireis, Papadam, indisches Kingfisher Bier und Tee aus frischer Pfefferminze – lecker.

Unterwegs nach Kappeln

Zurück fahren wir einen Umweg über das klitzekleine, direkt an der Schlei gelegene Dorf Goltoft. Sehr empfehlenswert zum Urlauben, denn hier gibt es einen Bioladen, Bio-Ferienunterkünfte, einen Kanuverleih und eine Handweberei mit großem weißem Hund.

Schließlich landen wir am Hafen von Kappeln und schauen im Cameo beim Genuss von Bio-Tee (Roibusch-Vanille) von Strandkörben aus dem Öffnen und Schließen der klappbaren Schleibrücke zu, bevor es zurück nach Dänemark geht.

Ein schöner Ausflug, der glücklich macht!


Anschriften:

* Museumsinsel Schloss Gottorf, Schlossinsel 1, 24837 Schleswig, https://schloss-gottorf.de/de/startseite
* Indisches Restaurant Puri Puri, Lollfuß 96c, 24837 Schleswig, https://www.puripuri-schleswig.de/
* Bio-Hofladen und Bio-Ferienunterkünfte in Goltoft: Leah’s Snoopkram, Dorfstr. 10, 24864 Goltoft, https://www.leahs-snoopkram.de/ (von der Hauptstraße aus immer den zartrosa Schildern folgen)
* Handweberei Goltoft, Kathrin Schoppmeier, Webermeisterin, Teichstr. 1, 24864 Goltoft, https://www.ostseefjordschlei.de/poi/handweberei-goltoft (mit schönem Wollvorhang in Regenbogenfarben vor dem Eingang)
* Restaurant Cameo, Am Hafen 5, 24376 Kappeln, https://www.cameo-kappeln.de/

 

 

 

Pole Poppenspäler Museum und Künstlercafé (Husum, D)

 

Frau Holle und der böse Frost

Die ehemals graue Theodor-Storm-Stadt im Norden Deutschlands hat sich für uns Neudänen in eine bunte Stadt im Süden verwandelt. Auch jenseits der Pfade des Schimmelreiter-Autors lässt sich hier viel Magisches und Unkonventionelles entdecken, zumal an einem freundlichen Juli-Sonntag.

Kurz vor Mittag kommen wir mit dem 150er Bus vom Flensburger ZOB aus in Husum an und brauchen zunächst einmal eine Stärkung. Die finden wir im Künstlercafé, mit schönem Innenhof, freundlichem Personal, französischem Flair, viel veganem Essen und noch mehr Bio-Getränken. Kunst: Das ist hier nicht irgend ein Bild an der Wand – sondern die Backkunst einer Patisserie. Auch wenn wir uhrzeitbedingt keinen Kuchen probieren – er sieht verlockend aus und klingt auch so: Mango-Kokos-Tarte, Persische Datteltarte, Zar Nicolai, Partisanen Torte und viele andere verführen zum Schlemmen. Ich entscheide mich für den veganen “Flammkuchen Paris” plus französischen Rotwein. Und weiß schon jetzt: Wir kommen wieder!

Anschließend geht es in das Renaissance-Schloss “vor” (mittlerweile in) Husum, mit einer äußerst netten, sympathischen Empfangsdame ostdeutscher Provenienz, vor dem im Frühjahr Millionen magisch-violetter Krokusse blühen – bestimmt einen Ausflug wert (auch wenn eine meiner dänischen Freundinnen sich beschwert hat, der das viele Lila zu monochrom ist). Uns aber lockt die fantastische Welt des Pole Poppenspäler Museums im Schloss, zur Zeit (bis Januar 2023) mit der Ausstellung “Das Kaspertheater”.

Hier eine gruselige Variante des Spaßmachers als “Werner Brösel”

Das Kaschperletheater gehört zum immateriellen Welterbe der UNESCO, und hier im Museum sind die Mitwirkenden versammelt, Kasper, Punch und Pulcinella, aber auch ihre Gegenspieler. Vielleicht ist es den beschränkten Räumlichkeiten geschuldet, dass man leider über den Hohensteiner Kasper im Nationalsozialismus nur wenig erfährt. Aber Kasper war – ähnlich wie Till Eulenspiegel – mit seinem derben Humor schon immer ein Überlebenskünstler, und so schlägt er auch heute noch, tritratralla, der Kasper, der ist wieder da, mit seiner Pritsche auf das Böse ein, Ende gut, alles gut. Wenn er nicht selbst gerade der Böse ist, siehe Nazizeit! Die Ausstellung gefällt uns sehr, zumal wir seit dem Wegzug aus Stuttgart mit seinem FITZ und Frau Brehmes Puppentheater Figuren-Entzugserscheinungen haben. Deshalb kaufen wir auch gleich noch ein Poster für’s Wohnzimmer und nehmen zwei alte Figurenspiel-Zeitschriften mit.

Im Herbst finden hier wieder (so Corona will vom 15.-25.9.2022) die Pole Poppenspäler Tage statt, und wer mehr über das Metier des Puppenspielers wissen möchte, dem sei Storms gleichnamige Novelle empfohlen (https://www.buch7.de/produkt/pole-poppenspaeler-theodor-storm/1039018062?ean=9783150140031) oder aber La double vie de Véronique (Die zwei Leben der Veronika, https://www.buch7.de/produkt/la-double-vie-de-veronique-krzysztofpreisner-o/1024789562?ean=5060421560403), ein wahrhaft magischer französisch-polnischer Film.

Es gäbe in Husum noch eine weitere spannende Lokalität zu besuchen, das Weihnachtshaus im gründerzeitlichen Ambiente, aber dazu langt unsere Zeit diesmal leider nicht – wir kommen wieder!

Anschriften:
* Künstlercafé, Neustadt 13, 25813 Husum, http://www.künstlercafehusum.de
* Pole Poppenspäler Museum im Schloss vor Husum, König-Friedrich V.-Allee, 25813 Husum, https://www.pole-poppenspaeler.de/
* Weihnachtshaus Ingwert Paulsen jr. e.K., Nordbahnhofstr. 2, 25813 Husum,  https://das.weihnachtshaus.info/

Glücksort Charlottenhof – Kultur im historischen Ambiente (Klanxbüll, D)

12. Mai 2022: Dort, wo der Hindenburgdamm die Insel Sylt mit dem Festland verbindet, liegt landeinwärts an der Grenze zu Dänemark das Dörfchen Klanxbüll. Es ist ein alter Ort, 1231 zum ersten Mal erwähnt, der nur einen Meter über dem Meeresspiegel liegt, sodass hier ohne Eindeichungen keine Besiedlung möglich gewesen wäre. Fruchtbares Marschland gibt es hier, gelb leuchtende Rapsfelder, aber auch Reet für die Dächer der Dorfkirche und des Charlottenhofs.

Dieser Vierseithof stammt aus dem Jahre 1688, hat ein unter Denkmalschutz stehendes Holzständerwerk und ist durch und durch romantisch. Jahrhundertelang ein landwirtschaftlicher Betrieb, wurde er 1998 der Gemeinde geschenkt und zu einem Kultur- und Tagungshaus mit zwei stilvollen Ferienwohnungen umgebaut. Sogar ein Freiwilliges Soziales Jahr kann hier gemacht werden. Oder geheiratet.

Wir aber sind zum 18. faolBALTICA-Festival gekommen: Jedes Jahr im Mai präsentieren sich in Gesamt Schleswig-Holstein und Südjütland an unzähligen Veranstaltungsorten regionale und manchmal auch international bekannte Folk-Künstler mit ihren Werken. Wir lauschen drei jungen Streicherinnen aus Dänemark, die sich 2015 zum Trio Vesselil zusammengefunden haben und uns im schilfrohrgeschützten, einmaligen Ambiente der historischen Scheune mit Cello, Violine, Viola verzaubern.

So macht Kultur Spaß! Nach einem gelungenen Konzertabend und dem Erwerb einer CD fahren wir im Mondenschein quer durch Nordfriesland nach Hause und kommen bestimmt wieder.

Trio Vesselil: www.vesselil.dk 
folkBALTICA: https://www.folkbaltica.de/
Charlottenhof, Osterklanxbüll 4, 25924 Klanxbüll, https://dercharlottenhof.de/

Kære grænse – meine liebe Grenze

Gendarmestien bei Kollund – auf der anderen Seite des Fjords: Deutschland

Von neoliberal bis sozialistische Internationale: Niemand mag Grenzen. Zumindest nicht die Grenzen der anderen. Sie sind zum Beispiel wirklich unpraktisch und stören den Handel… Aus der deutschen Kleinstaaterei entstanden also 1871 ein Nationalstaat und nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundesrepublik Deutschland. Aber damit nicht genug: Im Rahmen des Schengen-Abkommens fielen 1985 die Schlagbäume, und 2002 ersetzten viele EU-Mitgliedsstaaten ihre nationalen Währungen durch den Euro.

Nun, zumindest beim Euro haben die Dänen nicht mitgespielt – ein Königreich ohne Kronen als Währung, das geht nicht. Dass es aber wirklich auch eine physische Grenze zwischen Dänemark und Deutschland gibt und dass man sie schließen kann, wurde den Anwohnern im Dezember 2019 wieder bewusst, als Dänen den 70km langen Anti-Schweinepest-Wildschweinzaun fertigstellten (teuer, vermutlich nutzlos und für die Umwelt schädlich). Und 2020 wurde es uns allen schmerzlich deutlich: Dänemark machte seine Grenzen im Rahmen der Corona-Pandemie komplett dicht – für die Leute im Grenzgebiet, die unter der Woche gern in Flensburg und sonntags in Padborg einkaufen, eine Katastrophe.

Aber Grenzen sind auch spannend und können glücklich machen. Jede Schamanin, jede Hexe weiß das, denn das Wort Hexe kommt von hagazussa, der Zaunreiterin, die mit dem einem Bein fest in der alltäglichen Wirklichkeit und mit dem anderen in der Anderswelt steht.

Auch ohne Anderswelt inspirieren Grenzen: Was machen die Dänen auf der anderen Seite des Zauns anders und besser als Deutsche, was können wir lernen, über Gelassenheit, hygge bis hin zum Feste feiern und Tanzen und Singen um den Weihnachtsbaum? Nicht umsonst gelten die Dänen als zweitglücklichstes Volk Europas (nach den Finnen).

Ein ganz besonderer GrenzPFAD ist der Gendarmstien. Er startet in unserer zukünftigen Heimat Padborg und führt in fünf Etappen 74 km weit nach Osten bis nach Skovby. Hier patroullierten von 1920 bis 1958 auf der Jagd nach Schmugglern die dänischen Grenzgendarmen entlang der Flensburger Förde – unterbrochen durch die Zeit der Nazis, die alle Gendarmen gefangen nahmen und viele ermordeten. Der Wanderweg ist heute einer der schönsten Dänemarks und einer von nur zweien des Landes, der das Prädikat “Leading Quality Trails – Best of Europe” (www.era-ewv-ferp.com) erhalten hat.

Wie traumhaft der Gendarmstien ist, konnten wir dieses Jahr im August live erleben, als wir an meinem Geburtstag ein kleines Stück der ersten Etappe im Kollund Skov liefen, durch hügeligen Küstenwald mit steilen Abhängen und tiefen Schluchten – siehe Foto. Aber auch ansonsten kreuzten wir in diesem Urlaub häufig den berühmten Wanderweg, selbst ganz in der Nähe unserer Ferienwohnung in Kollund Østerskov führte er vorbei. Eben ein sehr “ausgedehnter Glücksort”, wie das Buch “Glücksorte in und um Flensburg” von Sörensen/Siedhoff zu Recht urteilt, versehen mit einem Dutzend Aussichtspunkten und 42 Sehenswürdigkeiten. Davon sechs in Padborg, mit dabei ein Erdtelefon in Bov, mit dem man grenzüberschreitenden Kontakt aufnehmen kann – das eine Ende ist in Dänemark, das andere in Deutschland. Nicht zuletzt kann mensch während der fünf Etappen viele seltene Tiere und Pflanzen entdecken, vom schillernden Eisvogel über Schwarzspecht, Bergmolch und Gänsesäger bis hin zu Orchideen wie Zweiblatt, Sumpfwurz und Knabenkraut.

Übernachtungsmöglichkeiten gibt es unterwegs viele, einschließlich einfacher, offener Hütten mitten im Wald, die man bei der Kommune mieten kann. Und vielleicht gehört auch bald in Padborg unser neues Haus dazu, unter dem Stichwort “Öko-B&B, vegan und vegetarisch” – damit schon der Start glücklich macht!

Bis bald!

 

Glücksatlas

Der Glücksatlas 2018 ist erschienen, diesmal mit den Schwerpunkten Arbeit und Mobilität. Er teilt Deutschland in 19 Regionen ein und differenziert damit zum Beispiel zwischen Württemberg und Baden. Wie gewohnt sind die Menschen in Schleswig-Holstein am glücklichsten, aber das badische Glück hat stark gelitten und rangiert nur noch auf Platz 6. Wir Stuttgarter broddeln wie üblich im unteren Mittelfeld auf Platz 11 – was mir schon damals auffiel, als ich vom lebenslustigen Köln (Platz 5) hierher zog.

Wie aber schaut es in Thüringen aus, schließlich wollen mein Mann Klaus und ich in wenigen Jahren dorthin ziehen? Es steht auf Platz 14 und ist damit die glücklichste Region Ostdeutschlands, Berlin eingeschlossen. Mit 7,03 Punkten liegen die Thüringer nur knapp uner dem Durchschnitt von 7,05 Punkten. Ganz besonders hoch ist hier das Glück bei den unter 35jährigen – sie rangieren auf Platz 7 deutschlandweit. Und das hat Gründe. Thüringen hat:

  • niedrige Mieten (der Preis für Bauland liegt bei 39,20€ pro m² im Vergleich zum deutschen Durchschnitt von gewaltigen 173,90€),
  • Sie haben deutschlandweit die allerniedrigste Armutsgefährdungsquote (12% versus 15,7%) und
  • die niedrigste Arbeitslosenquote Ostdeutschlands (6,1%)

 

Aber die Thüringer haben leider auch:

  • ein unterdurchschnittliches Einkommen (18.951€ versus 21.919€)
  • viele Leiharbeiter und
  • eine hohe Pflegequote wegen des großen Anteils alter Menschen

 

Wie wir wissen, sind Menschen in Partnerschaft glücklicher als Singles, und hier liegen die Thüringer wieder über dem deutschen Durchschnitt – mit 71,1% versus 70,5%.

Ganz besonders punkten können sie jedoch im Bereich Zufriedenheit mit der Wohnsituation und der Freizeit – sie belegen einen stolzen 4. Platz nur ganz knapp hinter Württemberg auf Platz 3 – und meilenweit vor allen anderen ostdeutschen Regionen. Dabei ist die regionale Attraktivität Thüringens, gemessen an der Zahl der jährlichen Touristen-Übernachtungen pro Einwohner mit 4,6 (im Vergleich zu durchschnittlichen 5,6) relativ niedrig – Mecklenburg-Vorpommern liegt hier bei 18,5 Übernachtungen pro Einwohner.

Übrigens: Deutschlandweit am unglücklichsten sind Brandenburger, Sachsen-Anhalter und Sachsen. Und während die Thüringer zumindest in einigen Bereichen (wie z.B. eben dem Wohnen und drei Freizeit) weit überdurchschnittlich happy sind, rangieren die Sachsen egal wo immer in der unteren Hälfte. Treibt sie das in die Arme der AfD? Das mangelnde Glücksgefühl?

Zu bestellen ist der Atlas beim Penguin-Verlag, ISBN 978-3-328-60087-9, 15€