Kære grænse – meine liebe Grenze

Gendarmestien bei Kollund – auf der anderen Seite des Fjords: Deutschland

Von neoliberal bis sozialistische Internationale: Niemand mag Grenzen. Zumindest nicht die Grenzen der anderen. Sie sind zum Beispiel wirklich unpraktisch und stören den Handel… Aus der deutschen Kleinstaaterei entstanden also 1871 ein Nationalstaat und nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundesrepublik Deutschland. Aber damit nicht genug: Im Rahmen des Schengen-Abkommens fielen 1985 die Schlagbäume, und 2002 ersetzten viele EU-Mitgliedsstaaten ihre nationalen Währungen durch den Euro.

Nun, zumindest beim Euro haben die Dänen nicht mitgespielt – ein Königreich ohne Kronen als Währung, das geht nicht. Dass es aber wirklich auch eine physische Grenze zwischen Dänemark und Deutschland gibt und dass man sie schließen kann, wurde den Anwohnern im Dezember 2019 wieder bewusst, als Dänen den 70km langen Anti-Schweinepest-Wildschweinzaun fertigstellten (teuer, vermutlich nutzlos und für die Umwelt schädlich). Und 2020 wurde es uns allen schmerzlich deutlich: Dänemark machte seine Grenzen im Rahmen der Corona-Pandemie komplett dicht – für die Leute im Grenzgebiet, die unter der Woche gern in Flensburg und sonntags in Padborg einkaufen, eine Katastrophe.

Aber Grenzen sind auch spannend und können glücklich machen. Jede Schamanin, jede Hexe weiß das, denn das Wort Hexe kommt von hagazussa, der Zaunreiterin, die mit dem einem Bein fest in der alltäglichen Wirklichkeit und mit dem anderen in der Anderswelt steht.

Auch ohne Anderswelt inspirieren Grenzen: Was machen die Dänen auf der anderen Seite des Zauns anders und besser als Deutsche, was können wir lernen, über Gelassenheit, hygge bis hin zum Feste feiern und Tanzen und Singen um den Weihnachtsbaum? Nicht umsonst gelten die Dänen als zweitglücklichstes Volk Europas (nach den Finnen).

Ein ganz besonderer GrenzPFAD ist der Gendarmstien. Er startet in unserer zukünftigen Heimat Padborg und führt in fünf Etappen 74 km weit nach Osten bis nach Skovby. Hier patroullierten von 1920 bis 1958 auf der Jagd nach Schmugglern die dänischen Grenzgendarmen entlang der Flensburger Förde – unterbrochen durch die Zeit der Nazis, die alle Gendarmen gefangen nahmen und viele ermordeten. Der Wanderweg ist heute einer der schönsten Dänemarks und einer von nur zweien des Landes, der das Prädikat “Leading Quality Trails – Best of Europe” (www.era-ewv-ferp.com) erhalten hat.

Wie traumhaft der Gendarmstien ist, konnten wir dieses Jahr im August live erleben, als wir an meinem Geburtstag ein kleines Stück der ersten Etappe im Kollund Skov liefen, durch hügeligen Küstenwald mit steilen Abhängen und tiefen Schluchten – siehe Foto. Aber auch ansonsten kreuzten wir in diesem Urlaub häufig den berühmten Wanderweg, selbst ganz in der Nähe unserer Ferienwohnung in Kollund Østerskov führte er vorbei. Eben ein sehr “ausgedehnter Glücksort”, wie das Buch “Glücksorte in und um Flensburg” von Sörensen/Siedhoff zu Recht urteilt, versehen mit einem Dutzend Aussichtspunkten und 42 Sehenswürdigkeiten. Davon sechs in Padborg, mit dabei ein Erdtelefon in Bov, mit dem man grenzüberschreitenden Kontakt aufnehmen kann – das eine Ende ist in Dänemark, das andere in Deutschland. Nicht zuletzt kann mensch während der fünf Etappen viele seltene Tiere und Pflanzen entdecken, vom schillernden Eisvogel über Schwarzspecht, Bergmolch und Gänsesäger bis hin zu Orchideen wie Zweiblatt, Sumpfwurz und Knabenkraut.

Übernachtungsmöglichkeiten gibt es unterwegs viele, einschließlich einfacher, offener Hütten mitten im Wald, die man bei der Kommune mieten kann. Und vielleicht gehört auch bald in Padborg unser neues Haus dazu, unter dem Stichwort “Öko-B&B, vegan und vegetarisch” – damit schon der Start glücklich macht!

Bis bald!

 

Der Glück bringende Eisvogel

Ein Vogel wie Eisen, oben metallisch-türkis schillernd, unten rostbraun – ein farblich so auffälliges Tier muss in unseren Breiten einfach eins Glücksbringer sein! Im thüringischen Greiz kann man ihn mit etwas Glück an der Weißen Elster beobachten, ein geduldiger Jäger, der blitzschnell ins Wasser taucht und mit einem kleinen Fisch im Schnabel zurückkommt. Wenn ein Mensch ihn erstmals sieht, wirkt er so unwahrscheinlich wie ein Traum. Als Glücksbringer gilt er auch den thüringischen Glasbläsern in Lauscha, die ihn als Weihnachtsbaumschmuck verkaufen:

Sein australischer Verwandter wird Lachender Hans genannt, und mein Biologielehrer auf dem Gymnasium bezeichnete auch unseren einheimischen Eisvogel so, obwohl sein Gesang etwas weniger ausdrucksstark ist.

Bei Wikipedia heißt es zur Benennung:

Im Jahr 1758 bezeichnete Linné den Eisvogel als Alcedo ispida. Der lateinische Name Alcedo ist abgeleitet vom griechischen Halkyon, was so viel wie „die auf dem Meer Brütende“ bedeuten kann: Die um ihren Gemahl Keyx trauernde Alkyone und er selbst waren nach ihrem Tod von einem barmherzigen Gott in Eisvögel verwandelt worden. Jeden Winter trägt nun die Eisvogelhenne ihren toten Partner zu Grabe. Danach baut die Henne ein Nest, das sie auf den Wellen treiben lässt. Hinein legt sie die Eier und brütet ihre Küken aus. Nestbau und Brüten geschieht in den halkyonischen Tagen, das sind die je sieben windarmen Tage vor und nach der Wintersonnenwende. Die alten Griechen und Römer hielten den Mythos für real. Plutarch dachte, das Nest bestünde aus ineinander verflochtenen, kleinen Fischgräten und Plinius der Ältere berichtet in seiner Naturalis historia um 70 nach Christus von einem schwammähnlichen, nicht durch Eisen zerschlagbaren Nest. Selbst noch im 19. Jahrhundert hielt man die halkyonischen Tage für die Brutzeit des Eisvogels.

Zur Herkunft des deutschen Namens gibt es mehrere Theorien. So lässt sich der Name wahrscheinlich vom althochdeutschen „eisan“ ableiten, was „schillern“ oder „glänzen“ bedeutet und auf das glänzend-farbige Gefieder des Vogels bezogen ist. Wenige Autoren beziehen den Namen tatsächlich auf das Eis, indem sie einen Bezug zu seinem Aufenthalt an zugefrorenen Gewässern, dem Abeisen oder zu toten Tieren im Eis herstellen. Andere beziehen sich auf die „eisblauen“ Rückenfedern oder seine leichtere Auffindbarkeit bei Eis und Schnee. Zuletzt gehen einige Autoren davon aus, dass der Name ursprünglich „Eisenvogel“ bedeutet haben sollte, da die Rückenfedern des Vogels stahlblau oder die Unterseite rostrot gefärbt sei.

In englischsprachigen Ländern heißt er „Kingfisher“ und bei den Schweden „Kungsfiskare“. Als weiterer Name wird die Bezeichnung Sankt-Martins-Vogel oder Martinsfischer in Frankreich, Spanien und Italien verwendet.

Mythologie und Sage

Auf Grund der oben erwähnten griechischen Sage um überdauerte der Glaube an die Gattenliebe und die Treue des Eisvogels bis mindestens ins 19. Jahrhundert hinein. So ging der Naturforscher Conrad Gessner 1669 davon aus, dass das Weibchen beim Tod des Männchens einen Trauergesang anstimmen würde. Er soll Macht und Reichtum, Frieden und Schönheit verheißen. Zudem gilt er als GLÜCKSBRINGER. Zuletzt soll er den Fischern reichen Fang und den Schiffern eine gute Reise ermöglichen.

Nach einer französischen Sage wurde der damals noch grau gefärbte Eisvogel von Noah der Taube nachgeschickt. Er sollte erkunden, ob sich die Wasser der Sintflut zurückgezogen hätten. Da er auf seinem Flug einem Sturm ausweichen musste, flog er so hoch, dass die Oberseite die Farbe des Himmels annahm und die Unterseite von der Sonne rot gebrannt wurde. Als der Bote Bericht erstatten wollte, konnte er die Arche nicht mehr finden, so dass er noch heute die Gewässer nach Noah suchend abstreift.

Talismane aus Eisvogelfedern und -bälgen wurden früher gegen Blitzschlag eingesetzt. Das am Hals getragene getrocknete Herz sollte vor Gift und schwerer Not schützen. Mumifizierte Vögel dienten als Mittel zur Mottenabwehr und an einem Faden aufgehängt auch als Kompass und Wetterfahne. Sich widersprechenden Theorien zufolge sollte der Schnabel immer nach Norden oder in Windrichtung zeigen.  Paracelsus nahm an, dass der Eisvogel nach seinem Tod nicht verfaule, so dass der Naturforscher Balthasar Sprenger 1753 einen bestätigenden Artikel darüber abfasste.

Und wo finden wir dieses Kleinod in der Natur? Nun mit etwas Glück zum Beispiel im Padborger Tunneldal am Gendarmstien, beim Kruså-See – aber auch am Max-Eyth-See in Stuttgart stehen die Fotografen stundenlang, um DAS Bild des Vogels zu schießen.