Mit der M/S Norröna auf die Färöer (FO/DK)

Smyril Line
Auf der M/S Norröna, der Fähre der färöischen Reederei Smyril Line

Viele Deutsche haben das Wort Färöer vielleicht schon gehört, können aber nicht wirklich sagen, was und wo das ist. Die Färöer, also “Schafsinseln”, liegen nordwestlich von Schottland mitten im Atlantik. Sie gehören zu Dänemark, sind aber, genauso wie das ebenfalls dänische Grönland, autonom.


Vom Nordwesten Dänemarks, dem kleinen Ort Hirtshals, verkehrt regelmäßig eine Autofähre dorthin. Sie gehört der Reederei Smyril Line, benannt nach dem färöischen Wort für den kleinen Raubvogel Merlin. Und sie dient – ähnlich wie die Hurtigruten in Norwegen – gleichzeitig der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern.

die anreise


Allein schon die Fahrt nach Hirtshals erscheint uns, die wir Deutsche Bahn gewohnt sind, wie ein stressiges Abenteuerlein gleich zu Beginn: Wir müssen an einem Samstag von süddänischen Padborg aus fünf Mal umsteigen, Start 7.06 Uhr, geplante Ankunft 13.24 Uhr, Ablegen der Fähre 16.30 Uhr. Noch dazu gibt es ausgerechnet an diesem Wochenende auf einem Teilstück Schienenersatzverkehr. Während aber die DB teilprivatisiert ist und Geld erst zurückerstattet, wenn der Zug mehr als zwei Stunden verspätet ist, zahlt ihr hiesiges Pendant DSB schon bei einer Verspätung ab 20 Minuten. Und vielleicht macht das ja den Unterschied aus – jeder unserer Züge ist pünktlich, der Bus sogar überpünktlich! Wir entspannen uns. 


Die nächste Überraschung erwartet uns dann in Hirtshals: Direkt am Bahnhof gibt es einen Zubringerbus zur Smyril Line. Wir hatten uns bereits auf eine gut 3 km lange Wanderung mit schwerem Gepäck durchs Industriegebiet eingestellt und zahlen deshalb gern die 30 DKr (rund 4 €) pro Nase, die dieser Service extra kostet.

wir gehen an bord


Die Fähre ist riesengroß, aber jetzt, gegen Ende August, schon nicht mehr ganz ausgebucht, sodass wir einen kostenlosen Upgrade von “mit eingeschränkter Aussicht” auf “volle Aussicht” bekommen.


Kaum an Bord, heißt es, die Uhren auf färöische Zeit umstellen, eine Stunde zurück. Dann beginnen wir, das Schiff zu erkunden, das für zwei Nächte unsere Heimat sein soll. Es hat zehn Decks, die natürlich nicht alle betreten werden dürfen. Jede Kabinentür ist mit einem anderen Tier bemalt, bei uns mit einem Dorsch/Kabeljau (auf färöisch Toskur), und dadurch ein klein wenig individuell.

alte fotos erzählen geschichte


Im ganzen Schiff sind die Wände mit Vergrößerungen alter färöischer Schwarzweiß-Fotos tapeziert, mit Bilderklärungen in drei Sprachen, darunter deutsch. So lässt sich schon einiges über die Inselgruppe erfahren. Außerdem aber gibt es kostenlose Reiseführer. Sie sind sehr ausführlich und liebevoll geschrieben, von Menschen, die ihre Heimat wirklich kennen und mögen.


Langsam verschwindet das Festland am östlichen Horizont, die Wellen werden etwas stärker. Die Sonne scheint, und das Schiff ist groß, trotzdem spürt man den Seegang ordentlich. Und auf dem zweiten Deck, wo sich (im Preis inbegriffen) Fitnesscenter, eine kleine Sauna und ein Schwimmbad befinden, sieht man es auch: Wir haben ein richtiges Wellenbad, ausgelöst nur durch die Schwankungen der Fähre! Eine Gaudi für alle Kinder und natürlich auch für uns Erwachsene.


Mein Mann liebt es am meisten, auf Deck 9 ganz vorn am Bug hinter Plexiglas-Windschirmen zu sitzen und aufs Wasser und den Horizont zu schauen. Ich kann auf Deck 10 morgens fast gänzlich ungestört am Heck meine Meditationsgymnastik machen.


Und im Schiff, da hat es mir auf Ebene 5 vor allem die Café-Bar-Bücherei angetan, wo am ersten Abend ein junger Färöer recht gut zur Gitarre singt, Beatles, Bobby McGee, färöische und auch dänische Lieder. Ich bin nicht die einzige, die mitsingt.


Am Sonntag Nachmittag passieren wir die Shetland Inseln auf der Steuerbordseite. Und dann steuern wir nordwestlich über den offenen Atlantik, mit bis zu 2,50 Meter hohen Wellen.  Montag früh gegen 7.30 Uhr erreichen wir Torshavn, die Hauptstadt der Färöer.

Deutschsprachige Webseite der Reederei: https://www.smyrilline.de/

Glücklich in Dänemark, Teil 2: Kindheitserinnerungen

Was bedeutet Dänemark für ein Berliner/Odenwälder Mädchen in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts?

Da sind zum einen die Legosteine made in Billund, zwar Plastik, aber doch pädagogisch wertvoll und deshalb in großen Mengen in unserem Kinderzimmer. Ich erinnere mich an ganze Holzkisten voller Steine, die grünen Platten, auf die meine Schwester und ich weiße Häuser mit roten Dächern bauten, mit Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren als Personen, die Züge, die dank Batterien auf blauen Schienen fuhren. Auch an den Geschmack der Steine, wenn man versuchte, zwei von ihnen mit den Zähnen auseinander zu kriegen. Lego – eine viele Jahre lange Passion.

Da ist Hans Christian Andersen. Seine schwebenden, fast immer etwas traurigen Kunstmärchen: Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern, bei dem ich immer weinen musste, erfroren am letzten Tag des alten Jahres, der standhafte Zinnsoldat, das Holundermütterchen, die kleine Seejungfrau, der chinesische Kaiser und die Nachtigall, die Schneekönigin, die wilden Schwäne. Ich liebte Geschichten, einige konnte ich fast auswendig nacherzählen.

Da ist die Wohnung, in der wir lebten, kein Gelsenkirchener Barock, sondern modern, und das hieß damals: dänisches Design, incl. einer Kaffeekanne, bei der das Wasser von unten nach oben hochsprudelte. Ich erinnere mich an den Weihnachtsbaum, geschmückt mit roten Holzäpfeln und Kugeln, die wie Seifenblasen aussahen. Und den Nachbarn, der mit seiner Frau den Urlaub immer in Dänemark verbrachte, obwohl sie Multiple Sklerose hatte.

Und da ist schließlich der einzige Kindheitsurlaub, in dem ich meinen Vater ganz für mich allein hatte, denn meine Schwester war in der Sprachklinik auf Schloss Dern, weil sie stotterte, und meine Mutter in der Heidelberger Psychiatrie. August 1972: Hans und ich fahren zunächst nach Kopenhagen. An meinem Geburtstag sind wir im Tivoli, und ein Schnellzeichner erstellt ein Portrait von mir im Synthetik-Sommerkleid mit großen blauen und lila Blumen. Einige Tage später geht es weiter an die Nordseeküste. Ich erinnere mich an riesige weiße Sanddünen. Und ich glaube, dass mein Vater und ich glücklich waren, jeder auf seine Art. Zwei Wochen dürften wir in Dänemark verbracht haben, bevor es zurück in den problematischen Odenwälder Alltag ging.

Und da sind last-but-not-least Pat und Patachon, Stummfilme in s/w, aber Fernsehen war damals ja eh nur schwarz/weiß: Zwei dänische Vagabunden, der eine zu groß, der andre zu klein, die mich auch dann zum Lachen brachten, wenn es ansonsten nichts zu lachen gab. Dänenglück eben!

 

Glücklich in Dänemark, Teil 1: Nach Padborg ziehen?

Was fällt dir zu Dänemark ein? Vielleicht: Alle duzen sich, alles ist hyggelig, dazu noch Andersens Märchen, Sandstrand, Christiania in Kopenhagen, Carlsberg-Bier, Smörrebröd, dänische Möbel und Legoland. Aber ganz gewiss nicht Padborg. Wer oder was ist also Padborg?

Pfingsten 2020: Auf der Rückfahrt vom coronageplagten Fehmarn wird uns klar, dass wir Ostsee (ich) oder Nordsee (Klaus) dem Vogtland (wo unser nach wie vor sanierungsbedürftiges Haus steht) ganz eindeutig vorziehen. Und dass es also viel sinnvoller ist, als Rentner*in nach Schleswig-Holstein denn nach Thüringen zu ziehen.

Auf Immoscout24 versuchte ich deshalb, mit der Maus eine Linie um S-H zu ziehen mit der Maßgabe: Haus oder Wohnung bis 100.000 Euro. Am liebsten in Lübeck oder Flensburg. Nun, es gelang mir nicht, den Strich exakt entlang der deutsch-dänischen Grenze zu ziehen – ich erwischte noch ein paar Kilometer in Dänemark und damit: Padborg! Und dort ein Haus aus dem Jahre 1927 im Rahmen unseres Preislimits.

Ich wette, niemand außer den Padborgern selbst und den Leuten in unmittelbarer Nähe kennt Padborg. Es ist einfach der erste dänische Ort jenseits der Grenze und damit IC-Haltestelle: Von hier aus kommt man per Bahn in Nullkommanichts nach Hamburg und Kopenhagen – und in nur zehn Minuten nach Flensburg. Ansonsten zeichnet es sich durch jede Menge Spediteure, ein kleines Museum, eine Bibliothek und zwei Supermärkte aus, die auch sonntags geöffnet haben – und 4.337 Einwohner.

Aber was ist mit der See? Nun, die nächsten Ostseestrände sind der deutsche in Wassersleben (6,3km) und der dänische in Kollund (9,5km). Nur zur Nordsee dauert es etwas länger: Bis nach Emmerlev Sogn muss man 57,6km radeln. Auch nicht die Welt.

Warum also nicht glücklich in Padborg, auch wenn es im Gegensatz zu Greiz kein einziges rotes oder blaues Sternchen für besondere kulturelle Sehenswürdigkeiten oder Naturschönheiten hat? Nun, vor das dänische Glück hat der dänische Staat die Notwendigkeit gesetzt, eine dänische Niederlassungserlaubnis zu bekommen. Warten wir es also ab!