Freitag, 17.8.2018: Profane Dinge schön benennen

Erdbeerbus!

 

Die Kommunen machen es uns vor: Sie verpassen den allerhäßlichsten Neubaugebieten die allerpoetischsten Namen, bis hin zum Dornröschenweg, dem Rapunzelplatz und der Schneewittchenstraße.

Profane Dinge schön zu benennen, hat eine lange Tradition und hilft uns, sie besser zu erinnern: Auch im Altertum glaubte man natürlich nicht, dass wirklich ein Löwe und die Kassiopeia über den Sternenhimmel ziehen – aber klingt Kassiopeia nicht viel schöner als „das Himmels-W“ oder Mars als „Planet Nr. 4“?

Wie wunderbar das Prinzip funktioniert, ist mir vor vielen, vielen Jahren auf der Insel Juist klargeworden, als ich nicht den „Geschenkeladen Lucia Bröker“ betrat, sondern den „Erdbeerfisch“, und dort ein Krokodil mit Pumps für den Weihnachtsbaum erstand. Ich habe bisher nur einen Urlaub auf Juist verbracht (das übrigens den schönen Beinamen Töwerland = Zauberland trägt) – aber dass ich in einem Erdbeerfisch war, das weiß ich heute noch (https://www.erdbeerfisch-juist.de).

Ein anderes Beispiel: Meine Familie nennt eine stark mit Hundekot verunreinigte Straße liebevoll-zärtlich „Rue de Bapf“. Wird sie dadurch nicht gleich viel schöner?

Vielleicht ist der oben genannte Erdbeerfisch sogar mit dafür verantwortlich, dass wir, kaum nach Stuttgart-Sillenbuch und in die Nähe der Haltestelle Erdbeerweg gezogen, sofort die Busse der Linie 66 umbenannt haben in Erdbeerbus. Sie schauen genauso aus wie alle anderen Busse ihrer Bauart – aber sie sind seitdem etwas ganz Besonderes für uns. Übrigens haben sie auch einen ganz besonderen Busfahrer, Jürgen, der 2017 von uns Fahrgästen für die gesamte Region Stuttgart zum Busfahrer des Jahres gewählt worden ist.

Was möchten Sie umbenennen?

 

Dienstag, 14.8.2018: Von der Schönheit des Widerstands

Stuttgart-Sillenbuch: Martin-Luther-Kirche und Anna-Haag-Platz

Einen größeren Gegensatz könnte es fast nicht geben: Im Hintergrund die evangelische Kirche unseres Stadtteils, 1933 unter Hakenkreuzfahnen eingeweiht, im Vordergrund der nach der Sillenbucher SPD-Politkerin und Pazifistin benannte Anna-Haag-Platz.

Vor 1933 mussten die Sillenbucher sonntags hinunter nach Rohr-acker, um Gott zu dienen. Besonders eifrig waren sie nicht und galten deshalb als ziemlich gottlos. Doch dann kamen die Nazis und alles wurde gut. Im Buch von Christian Glass, „Sillenbuch & Riedenberg“, heißt es:

“Immerhin ist (NSDAP-)Ortsgruppenleiter Karl Dreizler seit 1927 Kirchengemeinderat. Als Landesbischof Theophil Wurm die Martin-Luther-Kirche fünf Monate nach der Machtübernahme der NSDAP einweiht, ist ganz Sillenbuch mit Hakenkreuzfahnen geschmückt.“

Wie anders Anna Haag, seit 1926 Stuttgarterin. Mitte Juni 1940 beginnt sie ein Tagebuch, das sie unweigerlich den Kopf gekostet hätte, hätten die Nazis es entdeckt. Ja, ihr Widerstand ist nur ein innerer, heute 500 Seiten eng mit Schreibmaschine betippt, damals handgeschrieben und versteckt. Aber immerhin, besser als Mitläufertum und die Behauptung, man hätte von der Ermordung der Juden erst 1945 erfahren. Auszüge aus ihrem Tagebuch sind auf dem Anna-Haag-Platz zu lesen, umrahmt von Lavendelbüschen.

Wenn auch während der Nazizeit nur im inneren Widerstand, mutig war sie doch, die Anna Haag: Kaum war der Krieg zu Ende, trat sie schon 1945 wieder der SPD bei und begann, sich erfolgreich politisch zu engagieren – zu einer Zeit, als das für Frauen noch mehr als unüblich war. Wikipedia schreibt:

Anna Haag engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg für den Wiederaufbau Stuttgarts und setzte sich für die politische Bildung von Frauen ein. So war sie unter anderem Mitglied des Städtischen Beirats der Stadt Stuttgart und Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Stuttgarter Frauen. (…)

1946 wurde Haag in die Verfassungsgebende Landesversammlung und anschließend in den ersten Landtag von Württemberg-Baden berufen. Sie war eine von nur zwei Frauen (sic!). Mitglied blieb sie bis 1950.

Anna Haag engagierte sich für die Anerkennung der Hausfrauenarbeit als vollgültige Arbeit und für die Ablehnung des Kriegsdienstes mit der Waffe. Der Satz „Niemand darf zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“ aus dem von ihr eingebrachten Gesetz Nr. 1007 des Landes Württemberg-Baden wurde – leicht abgeändert – später in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen („Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“, Art. 4 Abs. 3 GG).“

Auch Anna Haag ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Optimistinnen länger leben – sie wird 94 Jahre alt und lebt bis zum Schluss getreu ihrer Maxime:

Um eines Altersglückes willen darf der alte Mensch seine Altersweisheit, die zu neunzig Prozent aus Milde allem menschlichen Irren gegenüber besteht, auch auf sich selbst anwenden. Er braucht seine Fehlleistungen und Irrwege nicht wegzuleugnen. Aus der Freude an geistiger Ehrlichkeit, wiederum ein Vorzug des Alt-Seins, kann er zu seinem Leben, gewoben aus Freuden und Leiden und durchschossen von Irrtümern und Fehlleistungen, sagen: Trotz alledem, ja!“

Donnerstag, 9.8.2018: Lachyoga

Seit einem Monat bin ich zertifizierte Lachyoga-Leiterin der „Laughter Yoga International University“ – ein kleiner Baustein meines Heilpraktikerinnen-Studiums. Demnächst werde ich nun hier in Stuttgart Lachyoga anbieten. Aber was ist das eigentlich, Lachyoga? Nun, zu allererst: Es sind Übungen, die glücklich machen!

Erfunden hat sie 1995 ein indischer Arzt, Dr. Madan Kataria, der feststellte, dass Kinder zwar rund dreihundert Mal am Tag lachen – Erwachsene aber nur noch zehn Mal: Und raten Sie, wer glücklicher ist!

Inzwischen gibt es Lachyoga-Gruppen in rund 60 Ländern auf der Welt. Beim Lachyoga erfreuen wir uns nicht an einem gelungenen Witz, sondern wir lachen einfach so, ohne Grund, mit voller Absicht. Das wirkt in den ersten Sekunden etwas gekünstelt, aber dem Körper ist es völlig egal, ob ein Lachen natürlich ist oder nicht, er setzt Endorphine frei, körpereigene Opiate, die Schmerzen stillen und uns glücklich und gesünder machen – und manchmal sogar ganz gesund. Und irgendwann steckt uns das Lachen in der Gruppe an, wir möchten uns am liebsten ausschütten vor Lachen und uns auf dem Boden wälzen.

Also am besten jeden Tag Lachyoga machen, zehn bis dreißig Minuten reichen; allein geht es auch, aber in der Gruppe ist es schöner, zum Beispiel in einem örtlichen Lachclub, demnächst auch in Stuttgart-Sillenbuch! Bei Interesse melden Sie sich einfach bei mir unter barbara@pfeiferin.de.