Heute sind meine Tochter Lenja und ich unterwegs auf einer der neun schönsten Bahnstrecken Deutschlands: dem Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz – romantisch und sagenumwoben. Hier einmal ein Radtour machen, richtig viel Zeit haben, und nicht nur mit dem Intercity durchsausen und durch das Fenster fotografieren!
Koblenz
Wir wollen jedoch heute – bei immer noch angenehmen Außentemperaturen! – meine langjährige Freundin und ihre Familie in Bonn besuchen. Ich kann nur für zwei Nächte bleiben, aber Lenja wird eine komplette Woche mit ihrer jüngeren Nennschwester verbringen.
Nachdem einer Stunde Mittagsschlaf im Gästezimmer (die Nacht zuvor habe ich komplett durchwacht) treffe ich mich mit meiner Freundin in Bad Godesberg. Wir setzen uns kurz in das „petit bistro & pain francais épi“, das manchmal-nur-heute-nicht auch vegane Küchlein anbietet, ich trinke Bio-Espresso, und dann schlendern wir zur Godesberger Parkbuchhandlung, wo heute eine Lesung mit Barjazz-Begleitung auf dem Flügel stattfindet: „Die Sünden der Frau“, nach dem gleichnamigen Essayband von Connie Palmen, mit Texten von Marilyn Monroe, Marguerite Duras, Jane Bowles und Patricia Highsmith sowie Katherina Waldau als Sprecherin und Andreas Orvath am Flügel. Es ist voll, und es macht Spaß, mal wieder bei einer Lesung in einer schönen Buchhandlung zu sitzen, nach den Büchern im Regal zu greifen, Klappentexte zu lesen und vielleicht etwas Neues, Spannendes zu entdecken. Monroe und die Schriftstellerinnen selbst waren nicht glücklich, mit nicht vorhandenem Vater, schlechtem Verhältnis zur Mutter und Alkoholproblemen, oder, wie John Milton im 17. Jahrhundert behauptete: „Die Glücklichen wurden nie geboren“ – auf diese Frauen traf es zu. Marilyn Monroe meinte zu allem Überfluss, dass Männer nur glückliche Frauen wollen und: „Ich weiß, dass ich nie glücklich sein kann, aber fröhlich kann ich sein.“ Und Arthur Miller sagte ihr: „Du bist das traurigste Mädchen, das ich kenne.“ Marilyn erschrak. Und nahm sich später das Leben (so sie nicht doch ermordet wurde). Aber schön war sie, wunderschön.
Nur einer Frau in den vorgetragenen Texten gelingt es, am Ende so etwas wie Glück zu empfinden: Der Protagonistin in Jane Bowles „Einfache Freuden“, die gerne Kartoffeln im Feuer röstet und schließlich in einem wildfremden Bett aufwacht und vielleicht in ihren schüchternen Nachbarn verliebt ist. Jedenfalls ein neues, reines Gefühl, das sich ihr auftut.
Zurück bei meiner Freundin wird gekocht, sie macht sich viel und erfolgreiche Mühe, für mich etwas Veganes zu zaubern, auch wenn ihr Mann dafür leiden muss: Es gibt köstlichen Gazpacho und einen hinreißenden Linsensalat.