Glücksgurke am Weihnachtsbaum

Echt thüringisch, wie die Glasbläserei Lauscha behauptet? Bayerisch? Oder doch aus den USA?

Um die Glasgurke im Weihnachtsbaum ranken sich so einige Legenden. Eine erzählt, dass die Tradition vor gut hundert Jahren begann, als die meisten Familien noch nicht genug Geld hatten, um jedem Kind ein Geschenk zu kaufen. Also versteckten die Eltern eine grüne Glasgurke im Grün des Baums – und nur wer sie als erster fand, bekam eine Kleinigkeit.

Eine weitere Tradition: Wer die Weihnachtsgurke im Baum findet, darf mit dem Öffnen der Geschenke beginnen.

Stärker verbreitet ist aber die Sage um den Soldaten John Lower. Der Bayer soll im amerikanischen Bürgerkrieg gefangen genommen worden sein, wurde schwer krank und soll kurz vor seinem Tod um eine saure Gurke als letzte Mahlzeit gebeten haben. Nach dem Verzehr besserte sich sein Gesundheitszustand plötzlich, und er konnte weiterleben. Nach ein paar Jahren wurde er aus der Gefangenschaft entlassen und begann damit, Jahr für Jahr eine Gurke (“Christmas Pickle”) an seinen Weihnachtsbaum zu hängen.

Die Amerikaner halten die Glasgurke jedenfalls für eine deutsche Erfindung, auch wenn die Tradition bei uns in den letzten Jahrzehnten kaum bekannt war und erst neuerdings (wieder?) auflebt.

Aber ganz wie dem auch sei: Die Weihnachtsgurke bringt angeblich Glück. Und in diesem Sinne werden auch wir als zukünftige Thüringer sie heuer zum ersten Mal in unserer Fichte verstecken.

Glücksatlas

Der Glücksatlas 2018 ist erschienen, diesmal mit den Schwerpunkten Arbeit und Mobilität. Er teilt Deutschland in 19 Regionen ein und differenziert damit zum Beispiel zwischen Württemberg und Baden. Wie gewohnt sind die Menschen in Schleswig-Holstein am glücklichsten, aber das badische Glück hat stark gelitten und rangiert nur noch auf Platz 6. Wir Stuttgarter broddeln wie üblich im unteren Mittelfeld auf Platz 11 – was mir schon damals auffiel, als ich vom lebenslustigen Köln (Platz 5) hierher zog.

Wie aber schaut es in Thüringen aus, schließlich wollen mein Mann Klaus und ich in wenigen Jahren dorthin ziehen? Es steht auf Platz 14 und ist damit die glücklichste Region Ostdeutschlands, Berlin eingeschlossen. Mit 7,03 Punkten liegen die Thüringer nur knapp uner dem Durchschnitt von 7,05 Punkten. Ganz besonders hoch ist hier das Glück bei den unter 35jährigen – sie rangieren auf Platz 7 deutschlandweit. Und das hat Gründe. Thüringen hat:

  • niedrige Mieten (der Preis für Bauland liegt bei 39,20€ pro m² im Vergleich zum deutschen Durchschnitt von gewaltigen 173,90€),
  • Sie haben deutschlandweit die allerniedrigste Armutsgefährdungsquote (12% versus 15,7%) und
  • die niedrigste Arbeitslosenquote Ostdeutschlands (6,1%)

 

Aber die Thüringer haben leider auch:

  • ein unterdurchschnittliches Einkommen (18.951€ versus 21.919€)
  • viele Leiharbeiter und
  • eine hohe Pflegequote wegen des großen Anteils alter Menschen

 

Wie wir wissen, sind Menschen in Partnerschaft glücklicher als Singles, und hier liegen die Thüringer wieder über dem deutschen Durchschnitt – mit 71,1% versus 70,5%.

Ganz besonders punkten können sie jedoch im Bereich Zufriedenheit mit der Wohnsituation und der Freizeit – sie belegen einen stolzen 4. Platz nur ganz knapp hinter Württemberg auf Platz 3 – und meilenweit vor allen anderen ostdeutschen Regionen. Dabei ist die regionale Attraktivität Thüringens, gemessen an der Zahl der jährlichen Touristen-Übernachtungen pro Einwohner mit 4,6 (im Vergleich zu durchschnittlichen 5,6) relativ niedrig – Mecklenburg-Vorpommern liegt hier bei 18,5 Übernachtungen pro Einwohner.

Übrigens: Deutschlandweit am unglücklichsten sind Brandenburger, Sachsen-Anhalter und Sachsen. Und während die Thüringer zumindest in einigen Bereichen (wie z.B. eben dem Wohnen und drei Freizeit) weit überdurchschnittlich happy sind, rangieren die Sachsen egal wo immer in der unteren Hälfte. Treibt sie das in die Arme der AfD? Das mangelnde Glücksgefühl?

Zu bestellen ist der Atlas beim Penguin-Verlag, ISBN 978-3-328-60087-9, 15€

 

Donnerstag, 6.9.2018: Reiseglück

Auch wenn das nun nicht zum täglichen Beüben meiner Stärken wie dem Schönheitssinn gehört: Reisen macht mich glücklich, je weiter, je besser und: je fremdländischer, je besser. Es gibt nur eine Ausnahme: Ich reise nicht gern in Kriegs- und Krisengebiete. Ich habe das sowohl in Türkisch-Kurdistan (damals unter Kriegsrecht) als auch in Israel-Westjordanland-Gazastreifen erlebt und weiß: Ich will nicht Angst um mein Leben oder vor Verhaftung aus politischen Gründen haben.

Ich vermute, dass die Lust am Reisen genetisch bedingt ist: Mein Urgroßvater fuhr zur See und arbeitete später bei der Bahn, nachdem eine Trosse ihm die Hand zertrümmert hatte. Man sagt, er habe an jedem Endbahnhof eine Geliebte gehabt. Mein Großvater wiederum arbeitete vor dem Dritten Reich in Mailand und Barcelona und musste schließlich vor den Nazis über Polen in die Schweiz fliehen, wo er bis 1948 lebte.

Mein Vater schließlich hat schon in den 60er und 70er Jahren mit uns Kindern große Reisen unternommen, als die meisten Leute noch jahraus jahrein nur an die Nordsee oder in die Berge nach Österreich fuhren. Als ich sechs war, feierten wir mit vielen anderen das Mitssommerfest in Südschweden. Später lernten wir auch Nordschweden kennen und außerdem Dänemark, Finnland, Russland (Leningrad!), Frankreich, die Schweiz natürlich, Österreich, Jugoslawien, Griechenland und Italien. Und selbstverständlich hatte mein Vater alle Segelscheine, auch wenn er nie mit mir gesegelt ist.

Die massiven Glücksgefühle beim Reisen habe ich jedoch erst kennengelernt, als ich es nach dem Studium zum ersten Mal wagte, allein zu verreisen: Gebucht hatte ich lediglich den Flug und die ersten drei Nächte in der Jugendherberge von Reykjavik, und reisen wollte ich mit dem Linienbus einmal rund um Island. Schon im Flieger hatte ich Glückstränen in den Augen, später kamen sie dann auch einmal im Bus, als die Fensterscheibe das Licht in einen Regenbogen verwandelte – und beim unerwarteten Anblich des Polarlichts (es war erst September!).

“Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein”, singt Reinhard Mey, und ich kann das bestätigen, selbst bei Geschäftsreisen weine ich manchmal vor Glück, wenn wir die Wolkendecke durchstoßen haben. Mittlerweile zahle ich natürlich den CO²-Ausgleich via atmosfair (https://www.atmosfair.de/de/), damit mein Fliegen nicht andere unglücklich macht.

Am allerliebsten aber reise ich mit und schlafe ich auf Schiffen, selbst wenn sie gerade so schräg liegen, dass man ein zweites Brett einrasten lassen muss, um nicht aus der Koje zu kullern (so geschehen auf der Noorderlicht vor Spitzbergen, https://oceanwide-expeditions.com/de/unsere-schiffe/sv-noorderlicht). Das letzte mal übergeben musste ich micht mit sechs Jahren auf der Fähre nach Südschweden. Mein Privatrezept gegen flaues Gefühl im Magen: ein trockenes Brötchen und ein Glas Bier. Wissenschaftlich anerkannt ist hingegen Ingwer, gleich ob als Tee oder Bonbon. Natürlich habe ich inzwischen den Segelschein für Binnengewässer und das Bodensee-Schifferpatent. Und Tochter Lenja ist infiziert: den Optimistenschein hat sie schon, nächstes Jahr soll der erste Segelschein für Erwachsene folgen.

Wenigsten eine kleine Schifffahrt muss deshalb in jedem Urlaub dabei sein – und sei es auch nur eine popelige Kanalüberquerung mit einer winzigen Fähre. Und so ist es auch kein Wunder, dass ich am Tag, bevor ich im July ins Krankenhaus sollte, noch schnell mit Lenja eine Fahrt mit dem Neckarkapitän von Bad Cannstatt durch die Mühlhausener Schleuse und zurück gemacht habe – Dampferfahren als Schiffsglück für Arme eben. Wenn mein Kräuterglück dem nicht entgegenstünde, würde ich gern auf einem Hausboot leben…

Heute bin ich nicht mit einem Schiff, sondern nur mit der Deutschen Bahn unterwegs, begleitet von Bio-Lakritz, das mein Mann Klaus mir gestern geschenkt hat. Ich liebe Lakritz.  Anlass meiner Reise ist mein drittes Heilpraktiker-Seminar, für das ich in Sindelfingen keinen passenden Termin gefunden habe. Was lag also näher, als zum Seminar nach BERLIN zu fahren und dies gleich mit Besuchen bei meiner Stiefmutter und meiner Schwester zu verbinden, bei der ich wohnen werde?

Zugfahren ist auf jeden Fall schöner als Autobahnfahren (von unseren beiden letzten Greiz-Aufenthalten sind meine Familie und ich da noch leidgeprüft). Den ersten Teil der Zugstrecke kenne ich sehr gut: Mannheim – Frankfurt – Fulda – Eisenach – Erfurt (von dort aus würde ein Regionalzug direkt nach Greiz fahren). Dann geht es abenteuerlich weiter durch Sachsen nach Halle, Leipzig und schließlich Bitterfeld in Sachsen-Anhalt, bevor wir von Süden aus nach Berlin einfahren. Ich muss an die schrecklichen Demos der Nazis in Chemnitz und Köthen denken. Was ein Glück, dass wir unser Haus im thüringischen Greiz gekauft haben!

Im Gegensatz zu den Nazis habe ich keine Angst vor Fremden. Am liebsten möchte ich alle Länder dieser Welt kennenlernen. Dreieinhalb Staaten pro Jahr müssten es dafür dann allerdings schon sein, und 2018 war ich leider – auch wegen meiner Radiusfraktut und dem CRPS – noch nirgends. Bisher kann ich erst mit 29 besuchten Staaten aufwarten (DDR nicht mitgerechnet) – 194 plus 12 umstrittene gibt es jedoch. Nicht üppig also… Es ist nicht die Lust am Abhaken und damit Besitzen. Ich entdecke gern. Ich bin seeeehr neugierig (und damit sind wir dann wieder bei meinen Kernkompetenzen). Wenn ich etwas Neues sehe – höre – rieche – schmecke, bin ich glücklich. Monotonie (die Plattenbauten im ehemaligen Ostblock…) macht mich unglücklich.

Ursprünglich sollte dies hier ja nur ein veganer Bio-Reiseblog werden (alle drei Punkte machen mich glücklich), nun ist er mit dem Motto “Tagesreisen zu Glück und Schönheitssinn” doch umfassender als geplant – und ich brauche nicht über einzelne Bio-Teebeutel in irgendeinem blutigen Steakhaus berichten.

Und in diesem Moment:

Von Ferne grüßt die Wartburg Eisenach,
Eisenach, das ich noch nie gesehen, nur durchfahren hab,
Eisenach, das Klaus scheu gemieden, aus dem seine Mutter stammt.
Eisenach in Thüringen wie Greiz.
Back to the roots für Klaus, wenn wir nach Thüringen ziehn.
Thüringen, das ich hegen, pflegen und lieben will.

 

Fr, 24.8. – Mo, 27.8.2018: Greiz – Vom Hässlichen zum Schönen


Hier ist es schön: Blick aus unserer Dachgeschoss-Ferienwohnung auf die Greizer Neustadt

Am Freitag sind meine Familie und ich wieder nach meiner Morbus-Sudeck-Behandlung im Krankenhaus mit einem Mietwagen ins ostthüringische Greiz gefahren. Durchaus schwierig, eine Unterkunft zu finden, alles einigermaßen Bezahlbare schien ausgebucht, aber schließlich kamen wir doch in einer netten Dachgeschosswohnung in der Neustadt unter, mit einem phantastischen Preis-Leistungs-Verhältnis.

Der Grund für unser Kommen: Wir haben endlich von der Stadt die Erlaubnis bekommen, die Wohnung unseres letzten, bereits Ende Mai verstorbenen Mieters zu räumen. 69 Jahre ist der Mann alt geworden, er war Alkoholiker, Kettenraucher und litt unter dem Vermüllungssyndrom. Ich habe noch nie so ein ekelhafte Wohnung betreten, geschweige denn ausgeräumt, trotz Atemschutz und Ganzkörperkondom à la Tatortreiniger – den Gestank atme ich ein, und er hängt auch zum Schluss in meinem schwarzen gewachsten Rock fest. Und: Die Wohnung lebt. Verschimmelt ist eh alles auf den ungewaschenen Tellern und in den ebenso ungewaschenen Töpfen, der Schimmel ist sogar schon eingetrocknet. Nachdem ich auf den Eiern im Kühlschrank hunderte von quicklebendigen Maden entdeckt und einmal „Hilfe!“ gerufen habe, versiegeln wir ihn mit Panzerband, bevor wir ihn transportieren.

Samstag und Sonntag brauchen wir, um alles in Schwerlastsäcke zu packen (ich) und die Möbel klein zuschlagen (mein Mann Klaus) und vor das Haus zu tragen – unsere Tochter Lenja lassen wir lieber mit dem Allessauger in den anderen Stockwerken saugen und später wischen, zu groß ist mir als Mutter das Gesundheitsrisiko für mein Kind.

Sehr einsam sei er gewesen, sagt eine Nachbarin mit kleinem Hund, drei Entziehungskuren habe er gemacht, sie habe ihn einmal in seiner Wohnung besucht, er habe ihr leid getan, aber sie beneide uns nicht um unsere Aufgabe. Wann kippt es bei einem Menschen? Was genau ist ihm widerfahren? Er hatte zu DDR-Zeiten viele Preise gewonnen im Federball und Tischtennis und auch im Angeln, war Maschinenbaumeister, Unteroffizier, NDPD-Mitglied (ging nach der Wiedervereinigung in der FDP auf), Gewerkschaftsmitglied und irgendwann auch einmal verheiratet. Nach der Wende: Keinerlei Urkunden mehr. Später gab es dann eine Helga, die im Stockwerk unter ihm wohnte und von der er noch drei Namensbecher hatte. Sie starb in jungen Jahren 2005. Wann ist es gekippt: Nach der Wende? Oder als Helga starb? Wann zerbricht ein Mensch? Wie kann ein Mensch so unglücklich werden? Und wo hat die Stadt ihn eigentlich begraben?

Für den Montag haben wir einen Zehn-m³-Mischcontainer bestellt, aber der erweist sich als zu klein, wir brauchen die doppelte Menge. Um 16 Uhr ist alles in den Containern, wir dürften sogar noch etwas Elektroschrott obendrauf packen, aber dann müsste man wieder hin- und herräumen, denn wegen der Oberleitungen im Stadtteil soll nichts überstehen, und wir sind alle mit unseren Kräften am Ende.

Wir waren in der ganzen Zeit dankbar für die gute Dusche in unserer Ferienwohnung, für das Bio-Essen von Aldi (der Greizer Biomarkt hatte am Freitag leider schon vor unserer Ankunft geschlossen und ist samstags eh zu) – und nach unserer Montagsaktion schließlich für Waffeln-mit-Heidelbeeren und mehr im Eiscafé Doimo, das wir schon von unserem letzten Aufenthalt kannten. Dann heißt es noch Greizer Sekt und Grün-Bitter aus dem ebenfalls vogtländischen Reichenbach für unseren Vermieter besorgen, der während unserer Abwesenheit sich um Katze Kalas gekümmert hat – und zurück geht es nach Stuttgart. Auf unserem Weg von einem stark sanierungsbedürftigen Doppelhaus zu einem Ökoglückshaus Greiz sind wir ein gutes Stück weitergekommen.

Und noch ein Positives hat dieses Horror-Wochenende (das ich vermutlich mein Lebtag nicht vergessen werde): meine Hand ist deutlich beweglicher – und ich konnte sogar das Opiat um weitere 33% verringern. Vielleicht sollte ich häufiger Entrümpeln….

Freitag, 3.8.2018: Nacht-Rap und „Willkommen in Thüringen“

Um 3.24 Uhr wache ich auf und gehe auf den Balkon, um Sterne zu schauen. In Stuttgart ist das natürlich nur begrenzt möglich, zu viel Stadtlicht – selbst in der Nacht. Immerhin entdecke ich die Cassiopeia und darunter eine Chaiselongue, den Pegasus, wenn auch keine Sternschnuppen. Eine Fledermaus streicht so nahe an meinem Kopf vorbei, dass ich kurz erschrecke. Kalas rührt sich nicht.

Zurück im Bett komponiere ich einen Rapsong, wenn er auch nur aus zwei Zeilen besteht und eher Nonsense-Charakter hat:

<Mann steht vor dem Kaffeehaus gegenüber dem Olgahospital und singt:>

Ist unser Körper nur zum Kaffeetrinken da?“

<Computerstimme aus dem Off:>

Anpärrinn! Anpärrinn!“

<2x schnelles Händeklatschen. Da capo al fine, wobei diesmal das zweite Händeklatschen tiefer ist – durch hohle Hand.>

Meine Tochter Lenja ergänzt dann am Morgen eine zweite Stimme zum Anpärrinn:

<Mädchenstimme:>

Nein, isser nicht! Nein, isser nicht!“

Der neue Tag ist genauso heiß wie die vorhergehenden. Ich habe einen Arzt- und einen Ergotherapietermin, wir packen, und um drei Uhr nachmittags starten wir ab Hauptbahnhof mit einem klassisch-schwarzen Miet-Ford gen Nordosten, ins vierhundert Kilometer entfernte Thüringen. Mit der Bahn hätten  wir die Strecke um diese Uhrzeit (und mit der Hitzeproblematik) leider nicht mehr geschafft. Während unserer Abwesenheit wird meine Freundin Maja zusammen mit ihrer Freundin Heike unsere Katze einhüten. Gemeinsam wollen die beiden sich in Rosenbergs Gewaltfreier Kommunikation üben.

Unser Ziel in Thüringen: Greiz, die glücklichste Stadt Deutschlands, laut einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse aus dem Jahre 2015. Prozentual betrachtet leben hier weniger Depressive als in allen anderen Städten unserer Republik!

Heute gelingt uns nur ein allererster Eindruck vom Auto aus: schön! Wir umrunden die Stadt und fahren weiter in die Waldherberge „Drei Tannen“ in Langenwetzendorf, mitten im Wald, oben auf dem Berg, ursprünglich ein Arbeiterwaldheim aus den Goldenen Zwanzigern analog zu denen bei uns in Stuttgart. Zwischendurch war es auch einmal eine Jugendherberge – und spottbillig ist es immer noch. Wir zahlen nur 20 € pro Nase und Nacht incl. reichhaltigem Frühstück!

Es ist recht still hier zwischen meinen drei Leibpflanzen: Kiefern, Birken und Rosen, ein Reh läuft über die Straße – und es gibt Unmengen von Kätzchen zwischen fünf Wochen und zwölf Jahren. Sie turnen überall herum, und fast alle lassen sich streicheln – Lenja strahlt. Die Herbergsmutter, Jacqueline Hendrich, ist ausgesprochen sympathisch, resolut, freundlich, aufgeschlossen, flexibel, eine Frau, die weiß, was sie will. Trotz der schon etwas vorgerückten Stunde können wir im Garten vor dem Haus essen, und sogar etwas Veganes wird für mich gebastelt – Salat mit gerösteten Sonnenblumenkernen und Bratkartoffeln. Mein Mann und ich haben ein Berliner Durchgangszimmer, Lenja bezieht die Kemenate im Anschluss ganz für sich allein – denn meine Schwester Gaby hat sich dermaßen erkältet, dass sie heute nicht aus Berlin zu uns stoßen konnte.

Ich bin gespannt auf die beiden Thüringer Tage, die vor uns liegen!